13.07.2013. bis 24.07.2013
Wir wurden mitten in der Nacht vom Getöse aufgeweckt. Der Sturm rüttelte von allen Seiten an unserem Zelt. Die Böen drückten die Seitenwände des Zeltes so tief nach unten, dass diese uns berührten während wir auf dem Rücken lagen. Es war die zweite Nacht in Kirgistan. Schon bevor wir am Abend ins Zelt krochen, beobachteten wir am Horizont das eindrückliche Blitzlicht-Spektakel. Da der Wind aber in die entgegen gesetzte Richtung wehte, wähnten wir uns in Sicherheit.
Uns war mulmig zumute, denn einen solch starken Sturm hatten wir noch nie im Zelt erlebt. Die Blitze entluden sich mit einer Kraft, das Brausen des Windes und das Donnergrollen vermischten sich zu einer unheimlichen Geräuschkulisse. Nach einer gefühlten Ewigkeit war der Spuk vorbei. Wir gingen raus um nachzuschauen, ob etwas beschädigt war. Glücklicherweise war alles ganz, lediglich drei Zeltnägel hatten sich gelöst.
Der Tag nach dem Sturm begrüsste uns mit strahlend-blauem Himmel und angenehm warmen Temperaturen. Wir machten uns auf den Weg und waren gespannt, was Kirgistan sonst noch alles für uns bereit hielt….
Zahlreiche Einheimische und Reisende hatten uns empfohlen, an den Song Köl (Köl = See) zu fahren. Der Song Köl liegt auf mehr als 3000 Meter über Meer und ist der grösste Süsswasser-See in Kirgistan. Die Piste zum See war zeitweise steil und anspruchsvoll, und ausgewaschene Stellen und Schlaglöcher stellten eine zusätzliche Herausforderung dar. Oben angekommen hatten wir einen guten Ausblick auf den See, fühlten uns in dieser Weite aber ziemlich verloren.
Wir wollten schon den Rückweg ins Tal antreten, als uns eine Nomadenfamilie zu „Kymyz“ (vergorene und fermentierte Stutenmilch) einlud. Wir fragten um Erlaubnis bei ihnen zu campieren, was sie uns bereitwillig gewährten. Die Kirgisen sind sehr gastfreundlich, und es war für sie eine Selbstverständlichkeit uns zum Nachtessen einzuladen. Die Herzlichkeit der Nomadenfamilie, ihr Lachen und ihre Neugierde liessen das anfängliche Gefühl der Verlorenheit schnell vergessen.
Kirgistan wollten wir eigentlich von West nach Ost durchqueren und am Rande des Tien-Shan-Gebirges zurück nach Kasachstan fahren. Als wir bereits am Issyk Köl waren, bemerkten wir einen Riss am Hinterreifen von Karins Motorrad. Wir waren hin und her gerissen zwischen der Vernunft, schnellstmöglich in eine grössere Stadt zu kommen um neue Reifen zu organisieren, und dem Wunsch abenteuerliche Offroadpisten entlang dem Tien-Shan-Gebirge und im Sharyn-Canyon in Kasachstan zu fahren. Die Vernunft siegte! Zum Glück trafen wir auf dem Weg auf Susanne und Thomas, zwei Motorradfahrer, welche auf der Seidenstrasse unterwegs waren. Sie gaben uns die Telefonnummer vom Schweizer Tourenanbieter Muztoo. Muztoo hatten passende Reifen und innerhalb eines Tages lieferten sie uns zwei komplette Sets nach Bishkek.
Wir fuhren zurück vom Issyk Köl nach Bishkek wo die Reifen bereits auf uns warteten. Mit viel Zuversicht machten wir uns an die Arbeit, doch schon bald stiessen wir auf das erste Problem: trotz vereintem Rumhüpfen auf dem Rad wollte der erste Reifen nicht ins Tiefbett rutschen. Letztlich half uns der Seitenständer-Trick und wir konnten den Pneu entfernen. Das Untersuchen des Schlauchs bestätigte, dass unser Entscheid direkt nach Bishkek zu fahren richtig gewesen war, denn viele Kilometer wären mit dem beschädigten Schlauch nicht mehr drin gelegen. Da das Profil aller Pneus schon ziemlich mitgenommen war, wechselten wir alle vier Reifen aus. Die beiden Hinterreifen gingen soweit ganz gut. Die vorderen Gummis stellten uns aber nochmals ziemlich auf die Probe, denn sie wollten partout nicht vom Tief- ins Hochbett „ploppen“. Nach unzähligen Pump-Versuchen (mit einer Handpumpe) und mit viel Seifenwasser (danke an „Helpline Hans“ von Hofer Motos Affoltern am Albis) hat es dann doch noch geklappt und alle Reifen waren drauf.
Die Freude währte nicht lange: am nächsten Morgen fanden wir einen Plattfuss vor! Ausgerechnet der Schlauch des Pneus, den wir als letztes gewechselt hatten, haben wir dabei verletzt! Also hiess es nochmals Rad runter, Reifen demontieren, Schlauch flicken und in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammensetzen. Fazit: wir wollten vier Reifen austauschen, haben aber, mit allen Missversuchen, acht mal gewechselt. Übung macht den Meister!
Leider blieb für eine ausgiebige Stadtbesichtigung nicht mehr viel Zeit und so machten wir lediglich zwei kürzere Stadtbummel. Bishkek ist keine schöne Stadt, die zahlreichen Denkmäler und Plätze aus der Sowjetzeit verleihen ihr aber einen reizvollen, nostalgischen Touch.
Wir schlenderten gemütlich durch die Strassen, als plötzlich zwei Polizisten auf uns zukamen und unsere Ausweise verlangten. Wir hatten darüber gelesen, dass Personen in Polizeiuniform Touristen einer Ausweiskontrolle unterziehen, um ihnen in einem Moment der Unachtsamkeit Wertsachen aus der offenen Tasche zu stehlen. Wir liessen unsere Portemonnaies nicht aus den Augen, und die Kontrolle verlief problemlos.
Nach vier Tagen in Bishkek fuhren wir dann endlich weiter. Die Ausreise nach Kasachstan sollte nicht so ohne Weiteres von statten gehen. Nachdem wir eine Stunde lang in der prallen Sonne im Stau gewartet hatten, konnten wir endlich die kirgisische Seite passieren. Am kasachischen Zoll mussten wir dann aber erneut warten, weil das Internet für die Registrierungen unterbrochen war.
Nach insgesamt drei Stunden warten empfahl uns ein freundlicher Zollbeamter, einen anderen Grenzposten aufzusuchen. Wir befolgten seinen Rat und fuhren einige Kilometer weiter an einen ansonsten für Touristen geschlossenen Zoll und konnten die Grenze passieren. Wir waren wieder zurück in Kasachstan…
Kirgistan – unsere Eindrücke in Kurzform:
- 1’249 gefahrene Kilometer in 12 Tagen
- Es kann ganz schön stürmen
- Reifen montieren – alles easy oder was?
- Erlebnisse mit Nomaden
Hoi Zäme
Eure Reiseberichte lese ich immer mit grösstem Interesse.
Ich freue mich mit Euch, dass ihr bisher von grösseren Unannehmlichkeiten verschont blieben.
Für die Weiterreise wünsche ich Euch gute Gesundheit und unfallfreie Fahrt.
Bis zum nächsten Mal
Gruss Albert
hoi zäme
wenn ich nur schon das wort off-road pisten lese, kribbelt es in meinem bauch. bin schon ein bisschen neidisch und viele meiner reiseerlebnisse gehen mir wieder durch den kopf. aber keine angst, meine zeit kommt auch wieder. übrigens nächste woche ll.ll. ll.ll Uhr und meine ablenkung beginnt für eine kurze zeit. weiterhin gute fahrt wünscht euch peter
Hallo zäme, herzlichen Dank für euren Reisebericht! Mit grosser Spannung
warten wir auf eure Lebenszeichen und sind glücklich, dass ihr gesund und zwäg seid. Was sind schon ein paar Reifen wechseln!!!!!
Heute erhielten wir die Tickets nach Ägypten nächsten Freitag, wo wir 2
Wochen baden und schnorcheln können. Wir denken viel an euch und warten
wieder auf ein Zeichen von euch. Liebe Grüsse Köbi und Ruth
Hallo Markus, hallo Karin,
gespannt warte ich jeweils auf euren Reisebericht und ein weiteres Lebenszeichen von euch. Fasziniert von den tollen Bilder lässt mich träumen von einem Abenteuer. Ihr aber lebt den Traum.
Lieber Gruss und bis bald
Bruno
Salü Zäme, trotz der widrigen Umständen beneiden wir euch. Wir bewundern euren Mut und die grossartige Reiselust. Geniesst eure Reise und natürlich das Leben.
Viel Gfröits und liebi Grüessli
Walter & Elsbeth
PS: Nächste Wo starten wir unser Reisli nach Marokko
Super Bericht und Fotos. Weiter so. Wünsche Euch alles gute und Gute Fahrt.
Hugo