01.07.2013. bis 13.07.2013

Der Grenzübertritt von Russland nach Kasachstan hat reibungslos und mit circa 2 Stunden auch schnell geklappt. Am ersten Gültigkeitstag unseres Visums reisten wir also in Kasachstan ein und wurden als Erstes von einem Gewitter mit Platzregen überrascht… nicht gerade das Wetter, das wir in der Steppe im Hochsommer erwartet hätten. Nachdem der Regen sich weitgehend verzogen hatte, nahmen wir die zunehmend schlechter werdenden Strassen unter die Räder. Die Schlaglöcher und übergrossen Spurrillen liessen nicht lange auf sich warten. Abgelenkt von ein paar winkenden Hirtenjungen am Strassenrand achtete sich Karin für einige Sekunden nicht auf die Strasse und fuhr prompt in eine Schlaglochserie hinein. Wieder auf „sicherem“ Boden, freute sie sich darüber, dass die Koffern inklusive der darauf befestigten Wasserbehälter hielten. Doch nur einen Augenblick später wackelte das Motorrad, und der linke Koffer lag auf der Fahrbahn. Ausser ein paar Kratzern hat es aber nichts gemacht, und nach der Montage fuhren wir weiter. Da wir Atyrau nicht mehr an diesem Tag erreichen konnten, schlugen wir uns in die Steppe und stellten unser Zelt auf. Durch die Nähe zum kaspischen Meer hatte es viele Mücken, welche sich über frisches Blut freuten, aber mit Mückenspray liessen sich die Plagegeister relativ gut abhalten.

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In Atyrau gönnten wir uns einen freien Tag, erledigten die obligatorische Registrierung (was rund zwei Stunden in Anspruch nahm) und sonst noch so allerlei Kleinigkeiten, bevor wir am 4. Juli weiter fuhren. Die Fahrt führte uns durch die endlos scheinende Steppe, und obwohl die Landschaft wenig abwechslungsreich war, gefiel sie uns recht gut. Vor allem die immense Weitläufigkeit beeindruckte uns, und die umhertrottenden Kamele erinnerten uns daran, dass wir auf der Seidenstrasse unterwegs waren. Die neue Asphaltstrasse endete kurz nach Magat, und wurde schnell wirklich anstrengend und schlecht. Die Einheimischen fuhren auf zahlreichen Pisten, die parallel zur „Strasse“ verliefen, und wir wollten es ihnen gleich tun. Doch die Pisten waren trügerisch, da es immer wieder tiefe, sandige Stellen gab, die uns das Fahren erschwerten, und so kehrten wir auf die eigentliche Kiesstrasse mit ihren zahlreichen Schlaglöchern zurück. Gegen Abend begannen wir uns nach einem geeigneten Platz zum Campen in der trocken – steinigen Wüstensteppe umzuschauen. Ein geschützter Platz war kaum auszumachen, da alles flach war und weder Büsche noch Bäume wuchsen. Zudem fuhren Lastwagen und Kleintransporter kreuz und quer durch die Steppe, und wir wollten nicht mitten in der Nacht im Zelt überrollt werden. Schlussendlich entdeckten wir doch noch einige Hügel, wo wir einen ruhigen und sichtgeschützten Platz fanden, der uns dennoch einen weiten Ausblick über die Steppe gewährte. Ein Volltreffer, wir erlebten einen wunderschönen Sonnenuntergang!

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Das Aufwachen war sehr angenehm, da die Wüstensteppe in der Nacht ziemlich stark abkühlt, doch bereits eine halbe Stunde später wurde es heiss und wir fuhren bald los. Unser Tagesziel war Quandyagash, der nächste grössere Ort, wo wir uns mit Wasser und Lebensmitteln eindecken wollten. Aber schon die ersten Kilometer unserer Strecke liessen uns vermuten, dass wir Quandyagash nicht erreichen würden. Es holperte und schüttelte, dass wir kaum die Piste vor uns erkennen konnten. Die Schlaglöcher waren mittlerweile so tief und gross, dass man darin bequem ein Bad hätte nehmen können. Dadurch konnten wir sie aber auch einfach durchfahren, die kleineren Schlaglöcher hingegen konnten durchaus gefährlich werden. Wider Erwarten wurde die Strasse nach lediglich 50km viel besser, so dass wir doch noch bis nach Quandyagash kamen. Während der Fahrt konnten wir immer wieder Pferde-, Kamel- und Kuhherden beim Weiden in der Steppe beobachten. Nach Quandyagash wurde die Landschaft zunehmend grüner, und wir fanden wiederum einen gemütlichen Platz zum Zelten, etwas abseits der Strasse gelegen auf einer Wiese inmitten von Grashügeln. Nur die nahegelegene Zuglinie störte unsere Ruhe gelegentlich.

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Am nächsten Morgen fuhren wir weiter Richtung Südosten nach Shalkar. Erneut mussten wir mit Kies-, Wellblech- und Schlaglochpisten vorlieb nehmen. Zwischendurch wurden wir aber mit schönen Ausblicken auf grüne Flecken und einige Hügelketten belohnt. Relativ spät, erschöpft und durchgeschwitzt kamen wir in Shalkar an und auf der Suche nach einem Hotel wurden wir auch prompt von der Polizei angehalten. Glücklicherweise waren die Polizisten nur an unseren Motorrädern interessiert und sie zeigten sich sogar hilfsbereit indem sie uns im Konvoi zur nächstgelegenen Gaststätte führten. Ohne deren Hilfe wären wir wohl daran vorbei gefahren, denn ein Schild oder eine Beleuchtung gab es nicht. Das Gasthaus entpuppte sich jedoch als eine ziemliche „Absteige“… und auch das Dorf selber hinterliess bei uns einen sehr zwiespältigen Eindruck. Da wir zudem auch kein Restaurant finden konnten, fiel das Abendessen mit Joghurtdrink und Brot recht mager aus.

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Tags darauf steuerten wir die Stadt Aral an. Glücklicherweise konnten wir die Abzweigung zu der von uns bevorzugten Route nicht finden. Denn wie wir später erfuhren, hätte uns diese über eine circa 150 Kilometer lange feinste Sandpiste geführt. Stattdessen wurden wir von den Einheimischen über die Hauptstrasse geschickt, welche auf den ersten 150 Kilometern noch unbefestigt und ruppig war, danach aber auf eine neue geteerte Strasse abzweigte. Endlich konnten wir mal wieder etwas an Strecke gutmachen und erreichten Aral kurz vor dem Eindunkeln. Die Stadt war bis in den 1960er-Jahren ein blühender Fischerei- und Touristenort am viertgrössten Binnensee der Erde. Durch die Nutzung des Süsswassers  zur Bewässerung der umliegenden Baumwollfelder reduzierte sich die Fläche des Sees derart stark, dass die Stadt mittlerweile über 30 Kilometer vom Ufer entfernt ist. Ein ausgetrocknetes Hafenbecken und trockenliegende Schiffwracks sind Zeugen dieser von Menschenhand geschaffenen Umweltkatastrophe. Da es in der Stadt mittlerweile nur noch ein Hotel gibt, mussten wir uns dort einnisten. Voller Vorfreude auf eine Dusche richteten wir uns im heruntergekommenen Zimmer ein. Zu unserer Überraschung gab es aber kein fliessendes Wasser mehr, denn Wasser ist in diesem Ort mittlerweile ein Luxusgut… Ungeduscht suchten wir uns zur späten Stunde ein Restaurant, jedoch waren wir auch hier nicht erfolgreich. Wir nahmen einmal mehr Vorlieb mit einem spärlichen Nachtessen (Brot und Tomatensaft) im Hotelzimmer.

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Unser nächstes Tagesziel war Kyzylorda weiter im Südosten von Kasachstan gelegen. Wir fuhren entlang der gut ausgebauten Hauptstrasse. Auf halber Strecke erreichten wir die Stadt Baikonur, wo sich der russische Weltraumbahnhof befindet. Von weitem konnten wir in der Steppe einige Gebäude und Satellitenschüsseln erkennen. Das Gebiet ist allerdings derart gross, dass viele der Anlagen von der Strasse aus nicht erkennbar sind. Kaum haben wir Baikonur hinter uns gelassen, änderte sich auch die Strasse wieder. Sie befand sich im Bau… Immer wieder mussten wir auf provisorische Pisten ausweichen und unsere Durchschnittsgeschwindigkeit wurde wieder massiv reduziert. Unser Tagesziel war in weite Ferne gerückt, dafür haben wir eine weitere Nacht in der Steppe unter freiem Himmel verbracht.

Am nächsten Morgen wurden wir durch den Verkehr und die Baumaschinen aufgeweckt und fuhren relativ früh weiter. Die Landschaft veränderte sich zusehends und die trockene und staubige Steppe wurde immer grüner. Bisher liess sich die Hitze in der trockenen Steppe noch gut aushalten, durch die zunehmende Feuchtigkeit wurde es aber unangenehmer und wir kamen immer mehr ins Schwitzen. Wir fuhren vorbei an riesigen Reisplantagen und Sumpfgebieten und erreichten spätabends die Stadt Turkistan. Wir freuten uns auf ein Nachtessen im Restaurant des ausgewählten Hotels. Leider waren alle Menüs „ausverkauft“ – wir wissen nicht ob es am Ramadan lag, oder ob der Koch schon Feierabend hatte – und so mussten wir mit einer faden Suppe, welche mit wenigen Kartoffeln und mit noch weniger Tomatenstücken, sowie ein paar undefinierbaren, fettigen Fleischstücken angereichert war, vorlieb nehmen.

Am Morgen schauten wir uns das grösste Mausoleum von Kasachstan an, welches sich in der Stadt befindet. Das Mausoleum wurde für Khoja Ahmed Yasawi, einen bedeutenden Scheich des Sufismus, vom Mongolen-Herrscher Timur erbaut. Als wir das Mausoleum betraten, bat uns sofort ein englisch sprechenden Mitarbeiter eine kurze und kostenlose Führung an. Von ihm erfuhren wir, dass das wunderschöne Mausoleum ohne Säulen oder anderweitiger Stützhilfen gebaut wurde. Das Mittelschiff ist circa 13 Meter hoch, und selbst bei Erdbeben wurde das Gebäude nie beschädigt. In der Mitte des Mittelschiffes befindet sich ein riesiges Wassergefäss, welches bis 1989 in St. Petersburg aufbewahrt wurde. Für die Kasachen ist dieses Gefäss das Symbol von allem Glück, denn nur zwei Jahre nachdem es zurück ins Yasawi-Mausoleum gebracht wurde, erlangte Kasachstan die Unabhängigkeit von der UdSSR. Zur Anlage des Mausoleums gehört auch noch eine unterirdische Moschee, ein wunderschöner antiker Hamam sowie ein kleines aber interessantes Museum dazu, welche wir ebenfalls besichtigten.

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Zurück im Hotel machten wir uns auf den weiteren Weg, denn unser Tagesziel war die Stadt Shymkent im Süden von Kasachstan. Die Strasse erlaubte es uns wieder schneller zu fahren und so waren wir gegen Abend in der Stadt angekommen. Wir suchten uns ein günstiges Hotel, wo wir zwei Nächte bleiben wollten. Zum Nachtessen gönnten wir uns feine Schaschliks mit Pommes und Salat, mhhh…. wunderbar nach so langer Zeit mit mehr oder weniger „magerem“ Essen. Glücklich und zufrieden gingen wir schlafen. Das Frühstück am Morgen bestand dann aus Spiegeleiern, Pfannkuchen und einem fettigen Porridge. Minuten danach verschlechterte sich unser beider Zustand. Uns wurde schlecht und wir bekamen die typische Touristenkrankheit. Den ganzen Tag verbrachten wir im Zimmer und erst gegen Abend gingen wir kurz raus um uns etwas Essen zu kaufen (damit wir mal wieder genau wissen, was wir uns zu Gemüte führen). Da wir einen ungeplanten Tag im Hotelzimmer zwischen Bett und Toilette verbrachten, beschlossen wir noch eine weitere Nacht in Shymkent zu bleiben um zumindest am nächsten Tag etwas von der Stadt anzuschauen und noch etwas Reiseorganisation erledigen zu können.

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Tags darauf stand der Grenzübergang nach Kirgistan bevor. Die Strecke von Shymkent nach Taraz an der Grenze war mit rund 180 Kilometern kurz und führte über eine hügelige Landschaft. Im Süden konnte man von weitem die hohen Berge von Usbekistan und Kirgistan sehen. Seit der Nordkaukasusregion hatten wir keine Berge mehr gesehen, und deshalb war dieser Anblick für uns beeindruckend. Kurz vor dem Zoll trafen wir auf Valérie und Sebastién aus Frankreich. Die beiden sind mit einem Land Rover unterwegs und wir haben sie bereits in Aral getroffen und uns mit ihnen kurz unterhalten. Kurzerhand beschlossen wir, den bevorstehenden Grenzübergang gemeinsam in Angriff zu nehmen und uns in Kirgistan einen schönen Platz zum Zelten zu suchen. Der Grenzübergang ging beinahe problemlos vonstatten. Der Grenzbeamte, welcher die letzte Schranke bediente,wollte uns zuerst nur gegen Bares durchlassen. Sébastien blieb jedoch cool, und nach einem kurzen Kräftemessen gab der Beamte nach und wir waren drin. Nach tagelangem Ritt durch die Steppe von Kasachstan, im bergigen und angenehm temperierten Kirgistan.

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Kasachstan Teil 1 – unsere Eindrücke in Kurzform:

  • 2’869 gefahrene Kilometer in 13 Tagen
  • Sonne, Hitze, wenig Wasser
  • Spärliches Essen, …Zwangsdiät
  • Steppe so weit das Auge reicht
  • Kamel- und Pferdeherden
  • „unübliche“ Strassenzustände

 

 

Kasachstan – Teil 1: vom Kaspischen Meer nach Kirgistan
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5 Gedanken zu „Kasachstan – Teil 1: vom Kaspischen Meer nach Kirgistan

  • Hoi Zäme!
    Euren Artikel habe ich mit Interesse gelesen.
    Für die Weiterreise wünsche ich alles Gute, vor allem gute Gesundheit.
    Heute schon freue ich mich auf Euren nächsten Reisebericht.
    Gruss Albert

  • Uff, war das wieder eine spannende Geschichte! Ich konnte mir bis jetzt nicht vorstellen, wie eine Strasse mit grossen Schlaglöchern aussieht. Jetzt weiss ich es. Weiterhin alles Gute. Grüessli Carla

  • Vielen Dank für eure interessanten Berichte, die ich als Bequem-Töfffahrer mit viel Interesse und Mitgefühl verfolge. Ihr gebt mir Einblick in eine Region der Welt, von der ich keine Ahnung habe.

    Ich wünsche euch weiterhin eine gute, unfallfreie und erlebnisreiche Fahrt.

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