05.02.2014 bis 27.02.2014

Es war bereits dunkel, als die Fähre in Topolobampo anlegte. Wir hatten uns einen Tag zuvor ein Hotel in der Nähe des Hafens reserviert, sodass wir nur wenige Minuten zu fahren hatten. Und einmal mehr hatten wir bezüglich der Sicherheitslage ein mulmiges Gefühl, da das Festland von Mexiko generell gefährlicher eingestuft wird als die Baja California. Im Hotel angekommen, besorgten wir uns in einem nahegelegenen Tankstellenshop etwas zu essen und zogen uns damit in unser Zimmer zurück.

La Barranca del Cobre, der Kupfercanyon, war unser erstes Ziel auf dem Festland. Der Weg nach Creel, dem Ausgangsort für Besichtigungen des Canyons, führte uns zuerst auf einer Autobahn nach Norden und später über den Highway 16 nach Osten. Die Strecke führte über rund 400 Kilometer durchs Gebirge der Sierra Madre. Kurve reihte sich an Kurve, es gab nur wenig Verkehr und noch weniger Ortschaften entlang des Weges, und die Strasse war in gutem Zustand. Es war ein Traum zum fahren! Nach zwei Tagen Motorradfahrgenuss erreichten wir Creel.

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Der Kupfercanyon ist ein riesiges Schluchtensystem im Staat Chihuahua, welches sich über 25’000 Quadratkilometer erstreckt. Er ist etwa vier mal grösser als der Grand Canyon, und die tiefste Schlucht ist mit 1’870 Meter rund 70 Meter tiefer. Trotz all der Superlativen ist der Kupfercanyon bei weitem nicht so bekannt wie der Grand Canyon.

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Beim örtlichen Tourenanbieter „Tres Amigos“ in Creel erkundigten wir uns über den Strassenzustand und die Sicherheitslage im Canyon. Normalerweise würden sie Motorradfahrern mit schweren Maschinen davon abraten, in die Barranca del Cobre zu fahren, jedoch sollte es für uns mit unserer Mongoleierfahrung kein allzu grosses Problem darstellen. Wir machten uns also auf nach Batopilas, einem verschlafenen Ort 1’800 Meter unterhalb von Creel in der Schlucht gelegen.

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Bis an die eigentliche Schlucht führte uns eine gute Teerstrasse mit wunderschönen Aussichten. An der Kante des Canyons angekommen, liessen wir den atemberaubenden Ausblick zuerst einmal einige Minuten auf uns einwirken, bevor wir den Abstieg in Angriff nahmen. Zuerst fuhren wir noch auf Asphalt, doch nach ein paar Kehren änderte es sich abrupt. Die Strasse befindet sich zur Zeit im Bau und ist bis zu circa zwei drittel fertig gestellt. Dort wo der Teer endete, wurde der Weg schmaler, an vielen Stellen nicht breiter als ein Lastwagen. Der Teer wich nun Kies und Geröll, und wand sich entlang der Felswand steil nach unten. Nach 13,8 Kilometern und 1’108 Metern Höhenunterschied kamen wir verschwitzt und abgekämpft im Tal an.

Strasse im Barranca del Cobre wird asphaltiert Strasse im Kupfercanyon nach Batopilas Barranca del cobre

Die Brücke, welche über den Batopilas-Fluss führt, stellte uns vor eine weitere Herausforderung. Die Bretter, die den Brückenboden darstellten, waren teilweise morsch und verfault. Mitten in der Fahrbahn waren Löcher, und die vielen Unebenheiten machten die Überfahrt ebenfalls anspruchsvoller. Stürzen war hier nicht erlaubt, denn das Brückengeländer bot keinen ausreichenden Schutz vor dem Hinunterstürzen. Zwanzig Meter unter uns rauschte das Wasser durch das steinig-felsige Flussbett. Dass wir beide Höhenangst haben, machte die Situation nicht einfacher.

Aufgrund des unebenen Brückenbodens war das Hinüberfahren eine Aufgabe für Markus, die er trotz viel mulmigem Gefühl bravurös meisterte. Nachdem wir die Brücke hinter uns  hatten, fuhren wir noch weitere 30 strenge Kilometer bis ins Dorf Batopilas. Die Strasse, die hier einmal gebaut wurde, war an zahlreichen Stellen von Erdrutschen zugeschüttet und der Belag durch Steinschlag weitgehend zerstört.

Die Brücke im Barranca del Cobre nach Batopilas Über die Brücke im Barranca del Cobre nach Batopilas

Endlich in Batopilas angekommen, bezogen wir ein gemütliches kleines Hotel und lösten unsere Anspannung und den Durst mit einem kühlen Bier. Am nächsten Tag ruhten wir uns aus und besichtigten das Dorf. Das kleine aber sehr feine Dorfmuseum war liebevoll gemacht, und wir bekamen sogar eine kurze Führung vom Museumsmitarbeiter. Batopilas war nach Mexiko Stadt die zweite Ortschaft in Mexiko, welche ans Elektrizitätsnetz angeschlossen wurde (im Coppercanyon wurde und werden Silber und andere Metalle abgebaut, weshalb ein amerikanischer Investor zu Beginn des 20. Jahrhunderts dafür sorgte, dass der Anschluss ans Stromnetz gemacht wurde).

Im Innenhof des Hotels in Batopilas Mex2-16 Mex2-17

Das einzige, was nicht ins Bild des verschlafenen und abgeschiedenen Ortes passte, waren die jungen Männer, die bewaffnet im Dorf patrouillierten. Obwohl einige von ihnen T-Shirts mit der Aufschrift „Policía“ trugen, wurden wir den Verdacht nicht los, dass es sich um sogenannte „Narco’s“ handeln könnte. Die Region ist auch für den Anbau von Marihuana bekannt. Bedroht fühlten wir uns aber nie, und so genossen wir unseren gemütlichen Day-Off im Dorf.

Am nächsten Tag fuhren wir auf der anderen Seite des Canyons wiederum auf einer ruppigen und anstrengenden Offroadpiste aus der Schlucht. Innert weniger Kilometer erklommen wir über 1’500 Höhenmeter und genossen die Aussicht auf 2’000 Meter über Meer. Wir hätten alle fünf Meter ein neues, spektakuläres Foto schiessen können, die Ausblicke waren einfach atemberaubend. Obwohl wir an diesem Tag lediglich etwa sechzig Kilometer zurücklegten, kamen wir erst nach sechs Stunden völlig verschwitzt und müde in Guachochi an.

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Durch die Sierra Madre fuhren wir weiter südwärts bis nach Durango. Das Hotel, welches wir uns ausgesucht hatten, lag direkt in der Altstadt. Die Motorräder durften wir in der Lobby abstellen. Dumm nur, dass es gerade Valentinstag war. Dieser Tag wird in Mexiko zelebriert, und direkt vor unserem Hoteleingang fand ein kitschig-romantisches Strassenkonzert statt. Wir mussten unsere Motorräder von Hand an den Stühlen und  zwischen den Fussgängern hindurchschieben, um ins Hotel zu kommen. Am darauffolgenden Tag machten wir uns auf die Suche nach einer Motorradwerkstätte, da sich bei Karin’s Motorrad das Lenkkopflager verabschiedet hatte. Per Zufall fanden wir tatsächlich eine neu eröffnete Yamaha-Garage, und die Jungs machten sich trotz Feierabend an die Arbeit (Samstags arbeiten sie eigentlich nur bis zwei Uhr). Um fünf Uhr Abends verliessen wir die Garage und fuhren mit neuem Fahrgefühl zurück zum Hotel. Zu unserer Überraschung fand auch an diesem Tag ein Strassenkonzert statt, und natürlich waren die Stühle und die Bühne wieder direkt vor unserem Hoteleingang aufgebaut worden! Also machten wir das gleiche Spiel wie am Tag zuvor nochmals und ärgerten die Zuschauer des Konzertes erneut… (nun… für einige von ihnen waren wir aber offenbar auch das spannendere Schauspiel als dasjenige auf der Bühne…). Wir blieben noch zwei weitere Tage in Durango, besichtigen die Altstadt und ein kleines Museum, fuhren mit dem Seilbähnchen (Made in Switzerland!) auf den Aussichtshügel und genossen das lebhafte und moderne Flair der Stadt.

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Weiter südlich besuchten wir die Stadt Zacatecas, wo wir unter anderem eine ehemalige Mine besichtigten. Die Arbeit untertags wurde in verschiedenen Szenen mit Puppen veranschaulicht. So erhielten wir einen guten Eindruck, unter welchen Bedingungen in den Jahrhunderten von der Kolonialzeit bis zur Schliessung der Mine vor einigen Jahrzehnten gearbeitet wurde. Nachdem die untere Hälfte der Schächte geflutet wurde, musste die Mine geschlossen werden. Auch heute kann man das Wasser in den unteren Levels noch gut sehen.

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Guanajuato, unser nächster Stop, ist eine Stadt die sich in einem engen Gebirgstal befindet. Die bunten Häuser sind eng aneinander gebaut und die Strassenführung wurde aus Platzmangel teilweise unterirdisch verlegt. Alte Bergwerkschächte und ausgetrocknete Flussbetten wurden umfunktioniert und werden heute als Tunnel für Fahrzeuge genützt. Die Architektur der Stadt ist spektakulär und die engen und verwinkelten Gassen haben uns fasziniert. Unter anderem besuchten wir ein Mumien-Museum und besichtigten die Geburtsstätte von Diego Riviera, einem der bekanntesten Maler aus Mexiko.

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Unser nächster Besuch galt den Monarch-Schmetterlingen. Millionen von Sommervögel fliegen jedes Jahr von Kanada und den USA nach Mexiko, um dort zu überwintern. Die angereisten Tiere versammeln sich in einem kleinen Gebiet im Westen des Bundesstaates Michoacan, welches sich über wenige Hektaren erstreckt. Im Frühling fliegen die Schmetterlinge von den höheren Gebieten in den Bergen runter in die Täler, „pumpen“ ihre Flügel mit Wasser voll, um dann ab circa Ende März den weiten Weg zurück nach Amerika anzutreten. Wir besuchten einen Standort nahe von Zitacuaro. Da man das Reservat nur mit einem ortskundigen Führer betreten darf, entschieden wir uns für eine Tour hoch zu Ross. Wirklich hoch waren die Pferde zwar nicht, aber der Weg war steil und steinig und wir sind keine erfahrenen Reiter. Die Schmetterlinge überwintern auf einer bestimmten Art von Bäumen, an deren Ästen und Stamm sie sich zu hunderten und tausenden niederlassen. Unter dem Gewicht der Falter hängen die Äste tief hinunter. Als wir uns einem dieser Plätze näherten, fiel uns bald die zunehmende Zahl der Falter auf. Doch als wir dann bei der Lichtung selbst ankamen, waren wir einfach überwältigt. Rund um uns herum tanzten die orange-schwarzen Monarchen durch die Luft, auf und ab, links und rechts. Eine Weile waren wir einfach nur eingenommen von diesem Schauspiel, sogen die die Magie ein und genossen die Ruhe in diesem Gewirr. Still war es allerdings nicht, denn eine so grosse Anzahl an Schmetterlingen macht durchaus Geräusche. Zum ersten Mal im Leben konnten wir Sommervögel fliegen hören! Beschwingt von diesem Erlebnis nahmen wir den steilen Abstieg mit unseren Pferdchen in Angriff und kamen zufrieden und mit schmerzendem Hintern wieder an unserem Ausgangspunkt an.

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Am nächsten Abend hatten wir ein freudiges Wiedersehen. Steffi und Mario, welche wir auf der Baja California kennen gelernt hatten, befanden sich ganz in der Nähe. Also war wieder einmal ein Schweizer Reisetreffen angesagt. Drei Tage campierten wir zusammen auf einer Ranch nahe Zitacuaro, plauderten, assen Raclette und spielten das Brettspiel „Dog“ bis tief in die Nacht hinein.

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Für einmal liessen wir unsere Motorräder für unser nächstes Ziel stehen. Wir hatten uns entgegen unserer früheren Planung entschieden, doch noch Mexiko-Stadt zu besuchen.  Was wir da alles erlebt haben, könnt Ihr in unserem nächsten Bericht lesen.

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Mexiko – Teil 2: unsere Eindrücke in Kurzform

  • 3’046 gefahrene Kilometer in 22 Tagen
  • Kupfercanyon – der grosse Bruder des Grand Canyon
  • Wunderschöne Kolonialstädte
  • Millionen von Monarch-Schmetterlingen

 

Mexiko – Teil 2: Topolobampo bis Zitacuaro
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